IT-Kompetenz für Auszubildende?
Gestern in den Heute-Nachrichten: Auszubildende haben mangelnde IT-Kompetenz. Ein Mitarbeiter der Druckbranche meint: "Bald sind alle Maschinen mit Touch-Screen ausgerüstet, um sie besser einstellen zu können." Da ist dann IT-Kompetenz gefragt, klar.
Ein Sprecher der deutschen Niederlassung der Firma Microsoft meint, die Auszubildenden bräuchten vor allem Kompetenz in den Bereichen Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Klar. Wie praktisch, dass seine Firma in diesen Bereichen zufällig gerade mit hochpreisigen Produkten den Markt beherrscht.
Leider mal wieder ein völlig uninformierter Beitrag zum Thema Bildung, Ausbildung und IT-Kompetenz. Dabei ist das doch gar nicht so schwer. Um eine Spezialanwendung bedienen zu können, helfen IT-Kenntnisse überhaupt nichts. Das wird ohnehin vor Ort gelernt. Mausschubsen und Menü-Klick-Know-How sind dabei nämlich nicht die höchste Hürde, insbesondere nicht bei der Bedienung per Touch-Screen. Und um "mit Computern umgehen" zu können, ist "IT-Kompetenz" sicherlich auch nicht nötig. Bei der aktuellen Benutzerfreundlichkeit von Systemen wie Kubuntu (oder KDE allgemein) oder aktuellen Web-Browsern wie Firefox und Opera sind auch Computerneulinge schnell gut aufgehoben.
Ein Problem ist da schon eher, dass Firmen sich viel zu oft auf die sogenannten "Standardprodukte" aus dem Hause Microsoft verlassen, die durch ihre seit Jahren unveränderten Fehler und Inkompatibilitäten das Arbeiten unnötig erschweren. Hier ist der eigentliche Ort, an dem mehr IT-Kompetenz gefragt wäre.
Das immerhin am Rande des Berichts angeschnittene Problem, dass Auszubildende auch zu wenig Erfahrung mit dem Internet besitzen (klarer Fall: "fehlende Internet-Kompetenz"), lässt sich da schon eher als Problem erkennen. Immer mehr Stellenausschreibungen werden nur noch über die Web-Seite des Betriebes publiziert. Eine gute Online-Bewerbung gilt in manchen Branchen durchaus als Pluspunkt, aber in jedem Fall macht es der Online-Auftritt des zukünftigen Arbeitgebers den Bewerbern wesentlich einfacher, ihre Bewerbung zielgenau auf das Unternehmen zuzuschneiden - in jedem Fall ein klarer Vorteil. Und auch dem zukünftigen eigenen Internetaustritt der selbst gegründeten Firma ist etwas Medienkompetenz und Erfahrung mit Web-Seiten und der Kommunikation über Internet-Dienste sicherlich nicht abträglich, selbst wenn die eigentliche Erstellung des Web-Auftritts in Auftragsarbeit erfolgt.
Das wirkliche Problem ist also nicht mangelnde "IT-Kompetenz", sondern Defizite im Umgang mit Medien. Das Herausfiltern von relevanten ("echten") Informationen aus mehr oder weniger umfangreichen Berichten, Texten und Web-Auftritten, sowie das Präsentieren von Informationen in gut verständlicher oder vielleicht auch mal tendenziöser Form. Themen, die seit etlichen Jahren unverändert die Wunschanforderungen an die Lehrpläne dominieren und die auch Einzug in zahlreiche Bildungsstudien gefunden haben (Stichwort "Pisa"). Aber ein Schrei nach mehr "IT-Kompetenz" klingt natürlich gleich viel wichtiger und drängender, klar. Schade nur, dass große Worte leicht mal die wirklich großen Probleme in den Hintergrund treten lassen.